Die Katze ist aus dem Sack: CCS auch für Kraftwerke

Bis­her hat­te die Bun­des­re­gie­rung — und ins­be­son­de­re deren sich als „grün“ ver­ste­hen­der Teil — betont, dass CCS für „schwer ver­meid­ba­re“ indus­tri­el­le CO2-Emis­sio­nen gedacht sei. Zur Dekar­bo­ni­sie­rung der Ener­gie­ver­sor­gung gäbe es die erneu­er­ba­ren Energien.

Doch in ihrer Mit­tei­lung zur erfolg­ten „Eini­gung zur Kraft­werks­stra­te­gie“ hat die Bun­des­re­gie­rung die Kat­ze nun aus dem Sack gelassen.

Carbon capture symbol. Businessman turns wooden cubes and changes the concept word Carbon to Capture.

Warnung schon im Mai 2023

Die Unter­zeich­nen­den des Posi­ti­ons­pa­piers „CCS: Stoppt den indus­tri­el­len Hoch­lauf!“ haben schon im Mai 2023 davor gewarnt, an die Beschrän­kung von CCS auf „schwer ver­meid­ba­re“ indus­tri­el­le CO2-Emis­sio­nen zu glau­ben. Das indus­tri­el­le CCS sei viel­mehr Ein­stiegs­tor in eine umfas­sen­de, fos­si­le Kraft­wer­ke ein­be­zie­hen­de CCS-Infrastruktur.
Als Beleg zitier­ten sie den Arti­kel der Bun­des­re­gie­rung „CCU/CCS: Bau­stein für eine kli­ma­neu­tra­le und wett­be­werbs­fä­hi­ge Indus­trie, wonach CCS „vor allem“ bei Indus­trie und Abfall­wirt­schaft ein­ge­setzt wer­den soll, wäh­rend im Ener­gie­sek­tor die erneu­er­ba­ren Ener­gien „prio­ri­tär“ sei­en – For­mu­lie­run­gen, die den CCS-Ein­satz bei der Ener­gie­be­reit­stel­lung also kei­nes­wegs aus­schlie­ßen. In wei­te­ren Stel­lung­nah­men wur­de auf die schon lan­ge exis­tie­ren­den Pla­nun­gen der EU für den umfas­sen­den CCS-Ein­satz hin­ge­wie­sen und auf den wirt­schaft­li­chen Hin­ter­grund, dass eine “klei­ne” CCS-Infra­struk­tur sich nie­mals rech­net, so dass die Hoch­ska­lie­rung exis­tenz­not­wen­dig für CCS ist.

„Falls es zu einem CCS-Ein­satz kom­men wür­de, wäre die Hoch­ska­lie­rung über die indus­tri­el­len Emis­sio­nen hin­aus auch nötig. Da die Tech­nik sehr teu­er ist, wäre eine dau­er­haf­te Beschrän­kung auf den indus­tri­el­len Bereich unwirtschaftlich.“

Ein Teil­neh­mer am RT EE schrieb im pv-maga­zi­ne (Mai 2023):

Falls es zu einem CCS-Ein­satz kom­men wür­de, wäre die Hoch­ska­lie­rung über die indus­tri­el­len Emis­sio­nen hin­aus auch nötig. Da die Tech­nik sehr teu­er ist, wäre eine dau­er­haf­te Beschrän­kung auf den indus­tri­el­len Bereich unwirt­schaft­lich. Auf der EU-Ebe­ne wird dies in aller Selbst­ver­ständ­lich­keit erör­tert. Bis 2030 soll eine Ver­pres­sung von jähr­lich 50 Mil­lio­nen Ton­nen CO2 erreicht wer­den. Hier­mit kön­ne sich die Indus­trie dekar­bo­ni­sie­ren. Gleich­zei­tig wür­de man dabei Erfah­run­gen sam­meln, um bis 2050 eine Stei­ge­rung auf jähr­lich 550 Mil­lio­nen Ton­nen mit gerin­gem Risi­ko zu errei­chen, wor­in dann die Ener­gie­wirt­schaft ein­be­zo­gen wäre, wie es in dem ent­spre­chen­den Vor­schlag des EU-Par­la­ments und Rats zum „Net Zero Indus­try Act“ (März 2023, Punkt 14) heißt.

Die Bundesregierung lässt die Katze aus dem Sack!

In ihrer Mit­tei­lung zur erfolg­ten „Eini­gung zur Kraft­werks­stra­te­gie“ hat die Bun­des­re­gie­rung, bezie­hungs­wei­se das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz (BMWK) die Kat­ze nun aus dem Sack gelassen:

„Die CO₂-Abschei­dung und ‑spei­che­rung für Ver­stro­mungs­an­la­gen mit gas­för­mi­gen Ener­gie­trä­gern wird im Rah­men der Car­bon-Manage­ment-Stra­te­gie aufgegriffen.“

Was mei­nen und vor allem was machen nun all die­je­ni­gen, die sich dar­auf ver­las­sen haben, dass CCS auf den Sek­tor Indus­trie beschränkt wird und nun fest­stel­len müs­sen, dass sie getäuscht wur­den? Bei­spiels­wei­se die Lan­des­re­gie­rung von Sach­sen-Anhalt, die noch kürz­lich dem BUND schrieb, dass CCS auf schwer ver­meid­ba­re indus­tri­el­le Emis­sio­nen beschränkt wird?

Und vor allem: Was mei­nen und was machen nun die­je­ni­gen Par­tei­mit­glie­der der Grü­nen, die ihre Far­be noch nicht ver­ges­sen haben?

Der Deut­sche Natur­schutz­ring (DNR) hat die Erklä­rung „Umwelt­ver­bän­de: Eini­gung zur Kraft­werks­stra­te­gie öff­net Büch­se der Pan­do­ra durch CCS an Gas­kraft­wer­ken“ ver­brei­tet. Dar­in heißt es: „CCS im Ener­gie­sek­tor zu ermög­li­chen, war bis­her zu Recht poli­tisch aus­ge­schlos­sen, denn es … bremst die Ener­gie­wen­de aus. Wenn wir jetzt in CCS-Anla­gen inves­tie­ren, wer­den die­se über Jahr­zehn­te genutzt“.

Erhebliche Verwirrung

Wie ver­trägt sich damit die Ankün­di­gung der Bun­des­re­gie­rung, dass die neu zu errich­ten­den Gas­kraft­wer­ke „zwi­schen 2035 und 2040 voll­stän­dig auf Was­ser­stoff“ umge­stellt wer­den sol­len? Unter­stel­len wir ein­mal, dass die CCS-Infra­struk­tur unwahr­schein­lich schnell auf­ge­baut wird und bis 2030 steht. Dann wird sie fünf oder bes­ten­falls zehn Jah­re lang betrie­ben , um danach wie­der abge­baut zu wer­den, da beim Ein­satz von Was­ser­stoff ja kein CO₂ mehr anfällt?

Die Ver­wir­rung ist erheb­lich. Klar ist nur eines: Bei der gan­zen Stra­te­gie geht es dar­um, den Aus­bau der Lang­zeit­spei­che­rung, wie er in einer Struk­tur aus 100 Pro­zent erneu­er­ba­ren Ener­gien benö­tigt wür­de, zu ver­mei­den. Andern­falls hät­ten die fos­si­len Ener­gien näm­lich end­gül­tig aus­ge­dient, und dazu darf es nicht kom­men – um alles in der Welt!