Interview mit Stefan Rahmsdorf: die politische Einsicht fehlt
Der RTEE macht auf das InterÂview des DeutschÂlandÂfunks mit KliÂmaÂforÂscher und OzeaÂnoÂgraph am PotsÂdam InstiÂtut für KliÂmaÂfolÂgenÂforÂschung SteÂfan Rahmstorf am 30. Juli 2023 aufÂmerkÂsam.
SeiÂne erschütÂternÂde zenÂtraÂle AusÂsaÂge: phyÂsiÂkaÂlisch liegt die BegrenÂzung der KliÂmaÂerÂwärÂmung auf 1,5 Grad noch im Bereich des MögÂliÂchen, poliÂtisch fehlt jedoch die EinÂsicht, die hierÂfür nötiÂgen MaßÂnahÂmen vorzunehmen.

Auch in Bezug auf die deutÂsche RegieÂrung stellt Rahmstorf fest, dass sie den KliÂmaÂschutz nicht als PrioÂriÂtät behanÂdelt. So setzt sie bei ihren enerÂgieÂpoÂliÂtiÂschen EntÂscheiÂdunÂgen nicht schnellstÂmögÂlich wirkÂsaÂme MaßÂnahÂmen zur ReduÂzieÂrung von TreibÂhausÂgasÂemisÂsioÂnen gegen den droÂhenÂden KliÂmaÂkolÂlaps zuvorÂderst um.
Die Sichtweise des RT EE
Wir könÂnen nicht nachÂvollÂzieÂhen, dass MinisÂter und AbgeÂordÂneÂte, die einen Eid auf die BeachÂtung und EinÂhalÂtung des GrundÂgeÂsetÂzes geschwoÂren haben, bei ihren VorÂschläÂgen und EntÂscheiÂdunÂgen andeÂre MaßÂstäÂbe ansetÂzen. So stelÂlen unseÂre natioÂnaÂlen GesetzÂgeÂbungsÂorÂgaÂne den AusÂbau von LNG-TerÂmiÂnals in WinÂdesÂeiÂle auf VorÂfahrt. Wir sind skepÂtisch und überÂprüÂfen auch die von der BunÂdesÂreÂgieÂrung prioÂriÂsierÂte RolÂle von CCS als prioÂriÂtäÂre MaßÂnahÂme der zwinÂgend geboÂteÂnen RückÂhoÂlung von KohÂlenÂstoff aus der Atmosphäre.
Wir wisÂsen, dass die AmpelÂreÂgieÂrung die verÂheeÂrend wirÂkenÂden enerÂgieÂpoÂliÂtiÂschen VorÂstelÂlunÂgen der FDP wider besÂseÂres WisÂsen beachÂtet. LetztÂlich brinÂgen kliÂmaÂschäÂdiÂgenÂde und risiÂkoÂreiÂche enerÂgieÂpoÂliÂtiÂsche KomÂproÂmisÂse die Ethik ins Spiel, auf die HerÂmann Scheer immer wieÂder hinÂgeÂwieÂsen hat. Sie kann schmerzÂhaft sein, ist aber unabÂdingÂbar für das GelinÂgen der EnerÂgieÂwenÂde – und damit überÂleÂbensÂnotÂwenÂdig für die Menschheit.
Die Presseinformation des Deutschlandfunks zum Interview
Lesen Sie die nachÂsteÂhenÂde PressÂinÂforÂmaÂtiÂon des DeutschÂlandÂfunks. DarÂunÂter finÂden Sie den Link zum NachÂhöÂren des vollÂstänÂdiÂgen Interviews.
SteÂfan Rahmstorf, KliÂmaÂforÂscher und OzeaÂnoÂgraph am PotsÂdam InstiÂtut für Klimafolgenforschung
Das 1,5 Grad Ziel ist poliÂtisch kaum mehr erreichÂbar, phyÂsiÂkaÂlisch aber schon
PoliÂtisch sei das Ziel prakÂtisch nicht mehr zu halÂten angeÂsichts der WeltÂlaÂge, so KliÂmaÂforÂscher SteÂfan Rahmstorf im InterÂview der Woche des DeutschÂlandÂfunks. Er reagierÂte damit auf ÄußeÂrunÂgen des neuÂen Chefs des WeltÂkliÂmaÂraÂtes, Jim Skea, der in dieÂser Woche erklärt hatÂte, das 1,5‑Grad-Ziel sei nicht mehr zu erreichen.Rahmstorf erklärÂte:
„PhyÂsiÂkaÂlisch kann man es noch erreiÂchen, aber dazu müssÂte man es eben anpaÂcken, wie, wenn man in einer KriegsÂsiÂtuaÂtiÂon ist und das einÂfach die Top-PrioÂriÂtät hat, die 1,5 Grad zu halÂten. ReaÂlisÂtisch ist es natürÂlich so, dass die allerÂmeisÂten RegieÂrunÂgen das eben leiÂder nicht als Top-PrioÂriÂtät behanÂdeln. So werÂden wir es auf keiÂnen Fall schafÂfen.“
VerÂantÂwortÂlich dafür macht er auch manÂgelnÂde poliÂtiÂsche AmbiÂtioÂnen. Es fehÂle nicht an LösunÂgen, sonÂdern am WilÂlen. VieÂlen PoliÂtiÂkern sei die DringÂlichÂkeit der Lage noch immer nicht klar, sie inforÂmierÂten sich nicht ausÂreiÂchend. Nach VerÂsäumÂnisÂsen in vorÂanÂgeÂganÂgeÂnen RegieÂrunÂgen behandÂle nun auch BunÂdesÂkanzÂler Olaf Scholz das TheÂma nicht mit Priorität.„An jedem Tag ist das WetÂter heuÂte schon anders als es eben ohne KliÂmaÂkriÂse wäre“
Mit Blick auf die aktuÂelÂlen RekordÂtemÂpeÂraÂtuÂren im MitÂtelÂmeerÂraum – an Land wie im MeerÂwasÂser, sowie ExtremÂwetÂterÂerÂeigÂnisÂse der letzÂten Wochen sieht Rahmstorf einen klaÂren Bezug zur ErdÂerÂhitÂzung. Eine UnterÂsuÂchung der ETH Zürich habe bereits im letzÂten Jahr ergeÂben, dass schon jetzt an jedem Tag das WetÂter anders sei, als dies ohne KliÂmaÂkriÂse der Fall wäre. WähÂrend die gloÂbaÂle DurchÂschnittsÂtemÂpeÂraÂtur um etwa 1,2 Grad gestieÂgen ist, sei dieÂse ErwärÂmung über dem euroÂpäiÂschen FestÂland teilÂweiÂse dopÂpelt so stark angeÂstieÂgen. Dies fühÂre nun – wie von der KliÂmaÂforÂschung proÂgnosÂtiÂziert – zu einer ZunahÂme von extreÂmen WetÂterÂereigÂnisÂsen. Auch die BränÂde im MitÂtelÂmeerÂraum sieht Rahmstorf in einem ZusamÂmenÂhang mit der KliÂmaÂkriÂse. Die BrandÂurÂsaÂche sei zwar in der Regel durch MenÂschen verÂanÂlasst, TroÂckenÂheit und HitÂze sorgÂten aber dafür, dass die BränÂde ein solÂches AusÂmaß erreiÂchen würden.
Das InterÂview führÂte Ann-KathÂrin BüüsÂker, KorÂreÂsponÂdenÂtin im DLF-Hauptstadtstudio.
Interview zum Nachhören
Das InterÂview kann hier nachÂgeÂhört werÂden.
BildÂnachÂweis: SteÂfan Rahmstorf beim EPP Zagreb ConÂgress in KroaÂtiÂen, 20–21 NovemÂber 2019 (CC BY 2.0)