Alles, was mit Poli­tik und/oder Gesetz­ge­bung zu tun hat

CCS: Klimaschutz Fehlanzeige — Kosten gewaltig

Am 15.10.2025 stand die von der Bun­des­re­gie­rung geplan­te Novel­lie­rung des CCS-Geset­zes – mit dem Ziel eines groß­flä­chi­gen Ein­sat­zes von CO2-Abschei­dung und ‑Spei­che­rung – im Mit­tel­punkt einer nicht öffent­li­chen Sit­zung des Umwelt­aus­schus­ses des Bun­des­tags. Aus die­sem Anlass pro­tes­tier­te das „Bünd­nis gegen CCS“ in Ber­lin: Vor dem Reichs­tags­ge­bäu­de über­gab es dem Aus­schuss­vor­sit­zen­den Lorenz Gös­ta Beu­tin (Die Lin­ke) einen von über hun­dert Orga­ni­sa­tio­nen unter­zeich­ne­ten Offe­nen Brief mit dem Titel „CCS-Gesetz stop­pen! Gemein­sam gegen den fos­si­len Irr­weg! Ech­te Kli­ma­schutz­lö­sun­gen jetzt!“. Dar­in wird die CCS-Tech­no­lo­gie als Irr­weg kritisiert.

Pro­test des „Bünd­nis gegen CCS“ vor dem Reichs­tag in Ber­lin, Bild: © Jen­ni­fer Marke

Breites Bündnis protestiert in Berlin

Mit dabei waren die Bür­ger­initia­ti­ve gegen CO₂-End­la­ger (Schles­wig-Hol­stein), die Bür­ger­initia­ti­ve „Sau­be­re Umwelt & Ener­gie Alt­mark“, BUND, Deut­sche Umwelt­hil­fe (DUH), Forum Umwelt und Ent­wick­lung, Green­peace, Power­shift und Urge­wald.
Mit Trans­pa­ren­ten und unter­stützt vom Tromm­ler „Mojo“ aus der Alt­mark setz­ten die Teil­neh­men­den ein leben­di­ges Zei­chen gegen CCS – und für ech­ten Kli­ma­schutz durch den schnellst­mög­li­chen, voll­stän­di­gen Umstieg auf erneu­er­ba­re Energien.

Teuer, riskant, ineffektiv: Kritik an CCS

Übergabe der gesammelten Unterschriften an den Bundestagsabgeordneten Lorenz Gösta-Beutin
Über­ga­be des offe­nen Briefs an den Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Lorenz Gös­ta-Beu­tin, Bild: © Jen­ni­fer Marke

Laut einer Ana­ly­se des Insti­tu­te for Ener­gy Eco­no­mics and Finan­cial Ana­ly­sis (IEEFA) könn­ten sich die Sub­ven­tio­nen für CCS in Groß­bri­tan­ni­en bis 2050 auf rund 450 Mil­li­ar­den Euro sum­mie­ren (Quel­le). Für die in Deutsch­land geplan­ten Vor­ha­ben sei mit deut­lich höhe­ren Beträ­gen zu rech­nen. Unter­neh­men haben bereits signa­li­siert, dass sie staat­li­che Unter­stüt­zung benö­ti­gen.
Wäh­rend für CCS – wie zuvor für LNG – ein „über­ra­gen­des öffent­li­ches Inter­es­se“ fest­ge­schrie­ben wer­den soll, feh­len sol­che Prio­ri­tä­ten für natür­li­che CO₂-Sen­ken: etwa die Wie­der­vernäs­sung von Moo­ren, humus­för­dern­de Land­wirt­schaft oder eine nach­hal­ti­ge Waldentwicklung.

CCS schützt fossile Geschäftsmodelle – nicht das Klima

Kri­ti­ke­rin­nen und Kri­ti­ker bezeich­nen CCS als geschei­ter­te Schein­lö­sung, die vor allem der fos­si­len Indus­trie zugu­te­kom­me. Aktu­ell ste­he die Tech­nik zudem im Kon­text der von Minis­te­rin Rei­che geplan­ten neu­en Gas­kraft­wer­ke mit 20 GW Leis­tung.
Der Bun­des­rat hat sich dage­gen aus­ge­spro­chen, Gas­kraft­wer­ke an CCS anzu­schlie­ßen, da mit erneu­er­ba­ren Ener­gien eine CO₂-freie Alter­na­ti­ve bereit­steht.
Auch in der öffent­li­chen Anhö­rung am 13.10.2025 zeig­te sich eine Mehr­heit der Sach­ver­stän­di­gen einig: Gas­kraft­wer­ke soll­ten – ent­ge­gen der Regie­rungs­plä­ne – von der Novel­le des Koh­len­di­oxid-Spei­che­rungs­ge­set­zes aus­ge­nom­men wer­den (Quel­le).

Echte Lösungen statt fossiler Umwege

Eine kom­pak­te Dar­stel­lung der wich­tigs­ten Argu­men­te gegen CCS lie­fert der Arti­kel von Christ­fried Lenz „CCS-Gesetz­ge­bung: Umkreist die Son­ne die Erde doch?“, erschie­nen am 13.10.2025 im pv maga­zi­ne. Die zen­tra­le Bot­schaft des Bündnisses:

Statt Mil­li­ar­den in ris­kan­te und teu­re CCS-Pro­jek­te zu len­ken, braucht es kla­re Prio­ri­tät für wirk­sa­men Kli­ma­schutz – durch kon­se­quen­ten Aus­bau erneu­er­ba­rer Ener­gien, Stär­kung natür­li­cher Sen­ken und eine schnel­le Trans­for­ma­ti­on unse­res Energiesystems.

CCS enttarnt: Warum CO₂-Speicherung keine Lösung ist – sondern ein Risiko

Koh­len­di­oxid ein­fan­gen, spei­chern oder gar als Roh­stoff nut­zen – Tech­no­lo­gien wie CCS und CCU wer­den zuneh­mend als Bau­stein im Kampf gegen die Kli­ma­kri­se dis­ku­tiert und von der Poli­tik geför­dert. Doch kön­nen sie die­ses Ver­spre­chen wirk­lich halten?

Webinar: "CCS enttarnt: Warum CO₂-Speicherung keine Lösung ist – sondern ein Risiko"

Koh­len­di­oxid-Emis­sio­nen sind haupt­ver­ant­wort­lich für die Kli­ma­kri­se. Wie schön wäre es, wenn wir sie ein­fach zum Ver­schwin­den brin­gen könn­ten! Die Erfül­lung die­ses Traums ver­spricht ein Kon­zept namens CCS. Koh­len­di­oxid soll aus der Atmo­sphä­re oder aus Abgas­strö­men her­aus­ge­fil­tert und dann in End­la­gern ver­wahrt wer­den. Oder, noch bes­ser: Es soll als Roh­stoff in der Che­mie­in­dus­trie Ver­wen­dung fin­den — in der­sel­ben Che­mie­in­dus­trie, die es bis­her noch in gro­ßen Men­gen als Abfall pro­du­ziert. Das nennt sich dann CCU.

Spä­tes­tens mit dem Koali­ti­ons­ver­trag ist klar, dass die neue Bun­des­re­gie­rung sich von die­sen Ideen viel ver­spricht. Gan­ze Indus­trie­zwei­ge sol­len mit Hil­fe von CCS und CCU “kli­ma­neu­tral” wer­den, also nicht mehr CO2 in die Luft ent­las­sen, als sie an ande­rer Stel­le wie­der ein­fan­gen. Kann das funk­tio­nie­ren? So viel wol­len wir an die­ser Stel­le spoi­lern: Nein.

Sei­en Sie dabei am Mon­tag, den 12. Mai 2025, um 18:00 Uhr, wenn unse­re Expert*innen Dr. Bern­hard Weß­ling und Kers­tin Mey­er ihre Ana­ly­sen zu Ther­mo­dy­na­mik, Nach­hal­tig­keit und poli­ti­scher Schön­rech­nung von CCS/CCU in dem von Power­Shift orga­ni­sier­ten Web­i­nar prä­sen­tie­ren und zur Dis­kus­si­on stellen.

Dr. Bern­hard Weß­ling hat sich die Sache ganz grund­sätz­lich ange­schaut, und zwar auf der Ebe­ne der Ther­mo­dy­na­mik. Was bedeu­tet es eigent­lich, wenn es heißt, CCS und CCU benö­ti­gen viel Ener­gie? Was geschieht, wenn Koh­len­di­oxid erst erzeugt und dann wie­der ein­ge­fan­gen wird? Kann es einen “nach­hal­ti­gen” tech­ni­schen Koh­len­stoff­kreis­lauf über­haupt geben? Und was bedeu­tet „Nach­hal­tig­keit“ eigent­lich genau, wie kön­nen wir sie objek­tiv beur­tei­len bzw. sogar mes­sen?
In die­sem Web­i­nar stellt er sei­ne Erkennt­nis­se vor und zur Dis­kus­si­on. Das Ergeb­nis sei­ner Ana­ly­se: CCS, DAC, CCU sind alles ande­re als nach­hal­tig, sie wer­den mas­si­ve Kol­la­te­ral­schä­den in der Umwelt verursachen.

Die gro­ße Fra­ge, die danach bleibt: Wie kann es sein, dass die­se Tech­nik den­noch als Opti­on für den Kli­ma­schutz gilt? Kers­tin Mey­er schaut mit uns in aktu­el­le und geplan­te Regel­wer­ke und erklärt, wie CCS (und CCU) auf dem Papier sys­te­ma­tisch schön­ge­rech­net wer­den und war­um auch hypo­the­ti­sches CCS gefähr­lich für den Kli­ma­schutz ist.

Zu den Referent*innen:

  • Dr. Bern­hard Weß­ling ist Che­mi­ker, Unter­neh­mer, Natur­for­scher und Autor (zuletzt erschie­nen: “Was für ein Zufall! Zum Ursprung von Unvor­her­seh­bar­keit, Kom­ple­xi­tät, Kri­sen und Zeit”, Sprin­ger­Na­tu­re 2025)
  • Kers­tin Mey­er ist die Lei­te­rin Wirt­schaft und Finan­zen beim BUND — Bund für Umwelt und Natur­schutz Deutsch­land e.V.

Mode­ra­ti­on:

Neelke Wag­ner, Refe­ren­tin für Kli­ma- und Res­sour­cen­ge­rech­tig­keit bei Power­Shift — Ver­ein für eine öko­lo­gisch-soli­da­ri­sche Ener­gie- & Welt­wirt­schaft e.V.

CCS: Des Fossils neues Kleid

Vie­le sei­ner Vor-Wahl-Ankün­di­gun­gen hat der mög­li­che nächs­te Bun­des­kanz­ler Merz fal­len las­sen. Die Novel­lie­rung des CCS-Geset­zes, wel­che die Ampel-Regie­rung wegen Wider­stän­den aus den Rei­hen der Grü­nen und auch der SPD nicht mehr durch­brin­gen konn­te, setzt er aber ganz oben auf die Agen­da. CCS und CCU sol­len für „schwer ver­meid­ba­re Emis­sio­nen der Indus­trie und Gas­kraft­wer­ke“ zum Ein­satz kommen.

CO₂-Quellen zu Profitquellen machen

Welch eine Wider­sprüch­lich­keit schon in die­sen weni­gen Wor­ten steckt! Wenn nur „schwer ver­meid­ba­re“ Emis­sio­nen einer Ent­sor­gung per CCS zuge­führt wer­den sol­len, bedeu­tet dies im Umkehr­schluss, dass für „leicht ver­meid­ba­re“ Emis­sio­nen CCS und CCU nicht zum Ein­satz kom­men dür­fen. Aus­ge­rech­net aber die­je­ni­gen Emis­sio­nen, die am aller­leich­tes­ten und am vor­teil­haf­tes­ten zu ver­mei­den sind — näm­lich die von Gas­kraft­wer­ken, wel­che jeder­zeit durch erneu­er­ba­re Tech­no­lo­gien voll­stän­dig zu erset­zen wären — wer­den von der Ver­mei­dungs­pflicht aus­ge­nom­men und dem CCS-Sys­tem zur Ver­fü­gung gestellt. Offen­sicht­lich liegt die Prio­ri­tät nicht auf maxi­ma­ler Emis­si­ons­ver­mei­dung, son­dern dar­auf, ein mög­lichst gro­ßes Anwen­dungs­feld für CCS zu schaffen.

Die Umetikettierung: Wie EOR zu CCS wurde

So wird von Anfang an klar, dass Kli­ma­schutz gar nicht das trei­ben­de Motiv ist. Wer wis­sen will, wor­um es statt des­sen geht, wird unter ande­rem bei der Deut­schen Car­bon Manage­ment Initia­ti­ve (DCMI) fün­dig. Die­se – ein Zusam­men­schluss von Fir­men, die mit Erd­gas, Pipe­line­bau und ver­wand­ten Tätig­kei­ten zu tun haben (SEFE, OGE, Gas­unie, Uni­per und Höegh Evi) – pro­pa­giert CCU/S zwecks „Ent­wick­lung einer leis­tungs­fä­hi­gen CO₂-Wert­schöp­fungs­ket­te in Deutsch­land“. Per CCS sol­len CO₂-Quel­len zu Pro­fit­quel­len wer­den. Es geht also gera­de nicht dar­um, sich vom CO₂ zu ver­ab­schie­den, denn je mehr davon zum Ver­pres­sen anfällt, umso „leis­tungs­fä­hi­ger“ wird die „CO₂-Wert­schöp­fungs­ket­te“. Auf die fos­si­le Ener­gie­wirt­schaft lässt sich des­halb nicht ver­zich­ten: Durch Beschrän­kung auf eini­ge indus­tri­el­le CO₂-Quel­len wür­de die Errich­tung einer CCS-Infra­struk­tur unrentabel.

Kleiner Exkurs zum Thema „Kompromiss“

Schlimm, dass auf der höchs­ten poli­ti­schen Ebe­ne unse­res Lan­des eine der­art hin­ter­häl­ti­ge Tak­tik mög­lich ist, sowie das intel­lek­tu­ell nied­rig ste­hen­de Den­ken, auf dem sie basiert. Schlimm, dass auch die SPD das alles mit­macht, statt sich zu einer Rol­le als Kor­rek­tiv beru­fen zu füh­len.
Nina Scheer, ener­gie- und kli­ma­po­li­ti­sche Spre­che­rin der SPD-Bun­des­tags­frak­ti­on und stell­ver­tre­ten­de Lei­te­rin der Arbeits­grup­pe Kli­ma- und Ener­gie­po­li­tik in den Son­die­rungs­ge­sprä­chen wur­de vom Tages­spie­gel gefragt:
“Der Bau von Gas­kraft­wer­ken mit CCS ist laut Koali­ti­ons­ver­trag zuläs­sig. Die SPD war eigent­lich dage­gen. Was kann Ihre Par­tei dem Vor­schlag plötz­lich abge­win­nen?” Ihre Antwort:

“Es müs­sen in einem Koali­ti­ons­ver­trag immer Kom­pro­mis­se gemacht wer­den, die auch bedeu­ten kön­nen, dass Din­ge ver­stän­digt wer­den, die von einer Sei­te kri­tisch gese­hen wer­den. In der Umset­zung wird dar­auf zu ach­ten sein, kei­ne ver­län­ger­ten Abhän­gig­kei­ten von fos­si­len Gasen bezie­hungs­wei­se kei­ne Hemm­nis­se für den Hoch­lauf von grü­nem Was­ser­stoff zu schaffen.“

Sicher, es kann Situa­tio­nen geben, in denen Kom­pro­mis­se in der Sache unver­meid­lich sind. Nicht aber im Fall schie­rer intel­lek­tu­el­ler Unzu­läng­lich­keit, bezie­hungs­wei­se unlau­te­rer Absich­ten! Gilt die „schwe­re Ver­meid­bar­keit von Emis­sio­nen“ als Grund­kri­te­ri­um für CCS, darf man CCS nicht für die Ent­sor­gung leicht ver­meid­ba­rer Emis­sio­nen nutzen/zulassen. Wer das trotz­dem will, muss ein spe­zi­el­les Motiv haben und die­ses offen legen. Ver­wir­rung der Bevöl­ke­rung kann nie­mals Ziel eines Kom­pro­mis­ses sein!
Und wie ist zu ver­ste­hen „In der Umset­zung … dar­auf zu ach­ten …, kei­ne ver­län­ger­ten Abhän­gig­kei­ten von fos­si­len Gasen … zu schaf­fen.“? — Durch den Bau von 20 GW neu­er Gas­kraft­wer­ke sind die „ver­län­ger­ten Abhän­gig­kei­ten von fos­si­len Gasen“ laut Koali­ti­ons­ver­ein­ba­rung doch beschlos­sen. Wor­auf gibt es dabei denn jetzt noch zu ach­ten? Aber zurück zum Thema.

Fossil-Konzerne leugneten den Klimawandel

Ab ca. 1960 erkann­te die Gesell­schaft ver­mehrt den Kli­ma­wan­del als Rea­li­tät und fos­si­le Ener­gien als des­sen Haupt­ur­sa­che. Auch die fos­si­le Indus­trie war sich des Sach­ver­halts bewusst und wel­che Gefahr er für ihre Zukunft bedeu­tet. Sie such­te Hil­fe in dem, was „Wis­sen­schaft“ genannt wird: Trä­ger wis­sen­schaft­li­cher Titel wur­den bezahlt, um öffent­lich zu „bewei­sen“, dass es den Kli­ma­wan­del nicht gibt (sie­he zum Bei­spiel den Bericht des US-Kon­gres­ses vom April 2024 mit dem Titel „Leug­nen, Des­in­for­ma­ti­on und Dop­pel­zün­gig­keit: Die Bemü­hun­gen von Big Oil, sich der Ver­ant­wor­tung für den Kli­ma­wan­del zu ent­zie­hen“).

Die­se Tak­tik stell­te sich aber als zu ein­fach, als zu plump gedacht her­aus. Ange­sichts immer dras­ti­scher wer­den­der Aus­wir­kun­gen der Kli­ma­er­hit­zung war die Behaup­tung, dass es das alles gar nicht gibt, nicht auf­recht zu erhal­ten. Eine bes­se­re Stra­te­gie für die Zukunfts­si­che­rung muss­te her.

EOR wird in CCS umgelogen

Den Kon­zer­nen kam eine für ihre Zwe­cke wirk­lich raf­fi­nier­te Idee. Sie stopp­ten die Leug­nung des Kli­ma­wan­dels. Statt­des­sen bemüh­ten sie sich, sei­ne Gefähr­lich­keit mög­lichst her­aus­zu­stel­len. Doch sie prä­sen­tier­ten ein Gegen­mit­tel. Die Ursa­che des Übels sei zu viel CO₂ in der Luft. Die­ses Pro­blem kön­ne man besei­ti­gen. Man müs­se das Kli­ma­gas ein­fach unter der Erde abla­gern. Dort kön­ne es kei­nen Scha­den anrichten.

Seit den 1970er Jah­ren war es in den USA gän­gi­ge Pra­xis, CO₂ in Ölfel­der zu pres­sen. Dadurch woll­te man die För­de­rung effek­ti­vie­ren (Enhan­ced Oil Reco­very, EOR). Je nach den ört­li­chen geo­lo­gi­schen Ver­hält­nis­sen kam mit dem zusätz­lich geför­der­ten Öl das meis­te CO₂ sogleich wie­der nach oben. Ein Teil ver­blieb aber bis auf wei­te­res im Unter­grund. Dies dekla­rier­te man als „dau­er­haf­te Spei­che­rung“. Man gab dem „Enhan­ced Oil Reco­very“ ein­fach einen ande­ren Namen: „Car­bon Cap­tu­re and Sto­rage, CCS“. Am tech­ni­schen Ver­fah­ren änder­te sich dadurch gar nichts. Man kauf­te CO₂ zum Bei­spiel von Koh­le­kraft­wer­ken. Dann behaup­te­te man: Die­ses CO₂ wird teil­wei­se im Unter­grund fest­ge­hal­ten. Es ist somit der Luft ent­zo­gen und schützt das Klima.

Man häng­te jedoch eine Tat­sa­che nicht an die gro­ße Glo­cke: Bei der Ver­bren­nung des per EOR zusätz­lich geför­der­ten Öls wird ein Viel­fa­ches des im Unter­grund ver­blie­be­nen CO₂ frei­ge­setzt. In der Bilanz wird also weit­aus mehr CO₂ emit­tiert, als wenn die Abga­se des Kraft­werks unbe­han­delt in die Luft gehen wür­den. Der Über­schuss ist näm­lich enorm. Mit den „nor­ma­len“ För­der­me­tho­den kann ein Ölfeld zu 20 bis 40 Pro­zent aus­ge­beu­tet wer­den. Durch EOR stei­gert sich die­ser Wert auf 30 bis 60 Pro­zent. (Quel­le)

Bei 80% aller „CCS“ genannten Projekte handelt es sich um EOR

Viel­leicht möch­te der eine oder die ande­re jetzt mei­nen, dass die­se völ­lig absur­de Ver­keh­rung von Kli­ma­schutz in sein Gegen­teil viel­leicht aus­nahms­wei­se vor­kom­men mag. „Schwar­ze Scha­fe“ gibt es ja über­all. Doch so ist es nicht.
Die Bun­des­re­gie­rung sel­ber teilt in ihrem CCS-Eva­lu­ie­rungs­be­richt mit, dass es sich bei 70 Pro­zent sämt­li­cher „CCS“ genann­ten Unter­neh­mun­gen um EOR han­delt. Der Jour­na­list Micha­el Buchs­baum kommt auf “mehr als 80 Pro­zent” (“Wenn man zur Ret­tung des Kli­mas Öl braucht” (Quel­le)
Obwohl die meis­te „CO₂-Spei­che­rung“ die Emis­sio­nen sogar stei­gert, hin­dert das Bun­des­re­gie­rung und Befür­wor­ter nicht dar­an, das Gegen­teil zu behaup­ten: Sie stu­fen CCS als unver­zicht­ba­re Kli­ma­schutz­maß­nah­me ein und for­dern des­sen Ein­satz und Förderung.

Herkunft des CO₂ verschärft das Problem

Dabei ist das bis­her Gesag­te noch nicht alles. Ein wich­ti­ger Fakt ist hier­zu­lan­de kaum bekannt: Mehr als 70% der US-„CCS“-Projekte sind tat­säch­lich EOR. Sie nut­zen CO₂, das über­wie­gend nicht von Men­schen ver­ur­sacht wur­de (also nicht aus Kraft­wer­ken oder Indus­trie). Statt­des­sen stammt es aus natür­li­chen Vor­kom­men – das ist bil­li­ger und ein­fa­cher. So wird CO₂ aus bis­her ver­schlos­se­nen natür­li­chen Quel­len frei­ge­setzt. Die­ses gelangt dann – zusätz­lich zum CO₂ aus dem ver­brann­ten EOR-Öl – größ­ten­teils eben­falls in die Atmo­sphä­re (Buchs­baum, op.cit.).

Zur CCS-Debatte in der Gesellschaft

Laut CCS-Apo­lo­ge­ten dient das alles dem Kli­ma­schutz. Doch immer­hin gibt es auch Gegen­stim­men — und nicht weni­ge. Die Lite­ra­tur aus Stu­di­en pro und con­tra, Berich­ten und Kom­men­tie­run­gen in den Medi­en, viel­ge­stal­ti­gem Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al ist unüber­schau­bar gewor­den. Die Kon­tro­ver­se läuft seit annä­hernd zwei Jahr­zehn­ten.
Der­weil klop­fen sich die Kon­zern­füh­rer auf die Schen­kel. Die­se Zeit haben sie schon mal gut über die Run­den gebracht. Mit einer zu plum­pen Lüge fin­gen sie an. Die zwei­te Lüge hat dann aber geses­sen. Ein gan­zes Heer wis­sen­schaft­lich aus­ge­bil­de­ter Für­spre­cher hat sie her­vor­ge­bracht, die CCS qua­si zu ihrer Welt­an­schau­ung gemacht haben und ihre Bröt­chen damit ver­die­nen.
Auf der Sei­te der zum gro­ßen Teil ehren­amt­lich täti­gen Geg­ner konn­te durch die CCS-Debat­te ein beträcht­li­ches Poten­zi­al an Intel­li­genz und Enga­ge­ment gebun­den wer­den, das andern­falls dem Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien zugu­te gekom­men wäre.

CCS: Der Versuch, die Vergangenheit festzuhalten

Geht man der Tak­tik der Fos­sil-Kon­zer­ne also schon auf den Leim, wenn man so viel Zeit und Ener­gie in die Aus­ein­an­der­set­zung mit der CCS-Lüge inves­tiert? Die Ant­wort ist: Nein und Ja.

Nein, man geht nicht auf den Leim, wenn man die ernst­haf­te Ana­ly­se ihrer fal­schen Behaup­tun­gen nutzt. Dadurch kann man einen schar­fen Blick, unbe­irr­tes Den­ken und eine muti­ge Hal­tung trainieren.

Ja, man geht auf den Leim, wenn man der CCS-Idee zu viel Poten­zi­al bei­misst. Das gilt auch, wenn man irgend­wann nicht erkennt, dass Erbärm­lich­keit ihr eigent­li­ches Wesen ist. Sie ist kein mit fri­schem Mut in die Zukunft gerich­te­tes Pro­jekt, sie ist der aus Not gebo­re­ne Ver­such, Ver­gan­gen­heit festzuhalten. 

Die erneu­er­ba­ren Ener­gien wach­sen aber unauf­halt­sam. Sie sind der alten Ener­gie­welt über­le­gen hin­sicht­lich Kli­ma­ver­träg­lich­keit, hin­sicht­lich Kos­ten, hin­sicht­lich Resi­li­enz und – wegen ihres dezen­tra­len Wesens – hin­sicht­lich Demo­kra­tie­freund­lich­keit. Gegen all das hat die fos­si­le Bran­che nichts anzu­bie­ten. — Wür­de sie doch wenigs­tens den Mumm auf­brin­gen, den es zum „Los­las­sen“ braucht! Welch gigan­ti­schen Gefal­len wür­de sie damit der Welt und sich sel­ber tun! Ver­hin­dern kann sie den Ener­gie­wech­sel nicht, aber sie kann ihn durch CCS hin­aus­zö­gern und neben Öl und Gas Unsum­men von Geld ver­bren­nen, das für den Auf­bau des Neu­en zum Woh­le aller ein­ge­setzt wer­den sollte.

Neu sichtbar gewordenen Defizite

CCS kann nie­mals eine epo­che­ma­chen­de Lösung wer­den. Ver­gleicht man die heu­ti­ge Dis­kus­si­on mit der vor 15 Jah­ren, so stellt man fest, dass die Befür­wor­ter nur Din­ge wie­der­ho­len kön­nen, die damals schon vor­ge­bracht wur­den. Auf der Gegen­sei­te sind neue, bedeu­ten­de Argu­men­te hin­zu gekom­men: Der frü­her als „Vor­zei­ge­spei­cher“ gehan­del­te „Sleip­ner“ demons­triert heu­te, dass selbst inten­sivs­te geo­lo­gi­sche Unter­su­chun­gen kei­ne wirk­lich siche­ren Erkennt­nis­se erbrin­gen kön­nen. (Quel­le)
Aktu­ell wird man bei der Pla­nung von CO₂-Pipe­lines auf Fol­gen­des auf­merk­sam: CO₂-Strö­me aus ver­schie­de­nen indus­tri­el­len Quel­len sind mit unter­schied­li­chen Ver­un­rei­ni­gun­gen belas­tet. Wenn sol­che Strö­me in einem Rohr zusam­men­ge­führt wer­den, wie es in Deutsch­land vor­ge­se­hen ist, kön­nen gefähr­li­che Mischun­gen ent­ste­hen. Das Wup­per­tal Insti­tut bezeich­net das Pro­blem als „hoch­re­le­vant und nicht tri­vi­al“. Bereits gerin­ge Men­gen an Begleit­stof­fen könn­ten dazu füh­ren, dass sich das Gas plötz­lich aus­dehnt. „Dadurch könn­ten Ris­se ent­ste­hen und Gas ent­wei­chen.“ (Quel­le)

Das pro CCS ein­ge­stell­te Kon­sor­ti­um GEOSTOR kommt nach Unter­su­chun­gen des Nord­see­un­ter­grun­des zu einem doch sehr ver­hal­te­nen Zwi­schen­er­geb­nis: „Auf­grund der begrenz­ten Kapa­zi­tä­ten und mög­li­cher Umwelt­ri­si­ken soll­te … nur jene CO₂-Rest­men­ge depo­niert wer­den, deren Ent­ste­hung sich trotz kon­se­quen­ter Kli­ma­po­li­tik nicht ver­mei­den lässt. … Die wesent­li­chen Her­aus­for­de­run­gen lie­gen aktu­ell dar­in, Vor­keh­run­gen zu tref­fen, mit denen Lecka­gen aus dem Spei­cher­ge­stein ver­mie­den wer­den kön­nen.“ (Quel­le)

Nackt wie der Kaiser

Die Bun­des­re­gie­rung ver­brei­tet zum Bei­spiel unsäg­li­che Behaup­tun­gen. Die Spei­cher sei­en über geo­lo­gi­sche Zeit­räu­me dicht. Ihre Kapa­zi­tät sei schier uner­schöpf­lich. Lecka­gen? Unwahr­schein­lich. Grund­was­ser­schä­den? Nicht zu befürch­ten. CCS? Uner­läss­lich für die Kli­ma­zie­le. Sol­che Aus­sa­gen las­sen an Des Kai­sers neue Klei­der den­ken. Dort insze­nier­ten die Betrü­ger eben­falls einen Rie­sen­spek­ta­kel um nichts. Erst ein Kind trau­te sich zu sagen: „Aber er hat ja gar nichts an.“

Ver­an­stal­tungs­hin­weis: Beach­ten Sie auch das von Power­Shift orga­ni­sier­te Web­i­nar zum The­ma am Mon­tag, den 12. Mai 2025, um 18:00 Uhr. 

Appell anläßlich der Bundestagswahl 2025


Mil­li­ar­den Men­schen müs­sen gemein­sam den Ener­gie­sys­temum­bau antrei­ben – lasst uns bei der Bun­des­tags­wahl für mehr Kli­ma­schutz stim­men und eine nach­hal­ti­ge Zukunft sichern!

APPELL zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025

Lie­be Mit­bür­ge­rin­nen und Mitbürger,

WARUM bedarf es uns als bewusst han­deln­de Energie-Bürger?

Unser Han­deln in unse­rem gewohn­ten zivi­li­sa­to­ri­schen Lebens­all­tag benö­tigt ENERGIE. Ener­gie muss also bedarfs­ge­recht für uns alle bereit­ste­hen. Ver­wen­den wir für unse­re zivi­li­sa­to­ri­sche Lebens­wei­se fos­si­le Brenn­stof­fe (Erd­öl, Erd­gas, Koh­le) als Ener­gie-Bereit­stel­lungs-Quel­len, pro­du­zie­ren wir damit Treibhausgasemissionen.

Doch vor allem in den Indus­trie­staa­ten – wie auch Deutsch­land – führt eine fort­lau­fen­de gigan­ti­sche Men­ge men­schen­ge­mach­ter CO₂-Emis­sio­nen zur glo­ba­len Erwär­mung unse­res Pla­ne­ten mit der Fol­ge anstei­gen­der ver­hee­ren­der Umwelt­ka­ta­stro­phen, so vor Kur­zem in Valen­cia (Spa­ni­en). Um unse­re zivi­li­sa­to­ri­sche Lebens­wei­se best­mög­lich fort­füh­ren zu kön­nen, mes­sen wir unser natio­na­les Treib­haus­gas-Bud­get. Schlimm ist: Wir haben unser natio­na­les Bud­get bereits auf­ge­braucht, bemes­sen an der Ein­hal­tung der 1,5°C‑Grenze Erd­er­wär­mung von Paris.

Eine Stu­die im Auf­trag des BMWK kommt zu dem Ergeb­nis, dass die Fol­ge­kos­ten des men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­dels unvor­stell­bar hoch aus­fal­len: Bis 2050 fal­len danach zwi­schen 280 und 900 Mrd. Euro an Kli­ma­wan­del beding­ten Fol­ge­kos­ten an. In die­se unvor­stell­bar hohe Geld­sum­me sind Wer­te NICHT ein­ge­rech­net für gesund­heit­li­che Beein­träch­ti­gun­gen, Todes­fäl­le durch Hit­ze und Über­flu­tun­gen, die Belas­tung von Öko­sys­te­men, den Ver­lust von Arten­viel­falt und eine schlech­te­re Lebensqualität.

Die­se erschre­ckend hohen Fol­ge­kos­ten müs­sen aus von uns erwirt­schaf­te­ten Steu­er­mit­teln begli­chen wer­den. Rele­van­te Steu­er­ein­nah­men für ande­re Auf­ga­ben staat­li­chen Han­delns feh­len uns dem­zu­fol­ge. Für vor­aus­schau­en­des, dem Kli­ma­wan­del ent­ge­gen­wir­ken­des Han­deln set­zen wir im Ver­gleich dazu viel zu nied­ri­ge Geld­be­trä­ge und Erfolg ver­spre­chen­de Umset­zungs­stra­te­gien ein.

Wir, Mil­li­ar­den Men­schen auf die­ser Erde, müs­sen den Umbau des Ener­gie­sys­tems von fos­sil-nukle­ar und zen­tral selbst mit­ein­an­der ange­hen. Weder Regie­ren­de noch Poli­ti­ker noch die Kon­zern gelenk­te Rohstoff‑, Chemie‑, Stahl- oder Zement­in­dus­trie noch die Plas­tik-Indus­trie haben mit ihrer Macht und ihrem welt­weit sehr hohen Ein­fluss ein Inter­es­se, das hohe Poten­ti­al von infor­mier­tem und wil­li­gem Bür­ger­en­ga­ge­ment am Macht­fak­tor Ener­gie teil­ha­ben zu lassen.

Lasst uns daher bit­te mit der star­ken Kraft unse­res Bür­ger-Enga­ge­ments die kom­men­de Bun­des­tags­wahl zu einer Kli­ma­schutz-Wahl machen! Jede dazu pas­send gesetz­te Wäh­ler­stim­me ist rich­tungs­wei­send, um eine nach­hal­ti­ge und lebens­wer­te Zukunft für uns und kom­men­de Gene­ra­tio­nen klar einzufordern.

Es bleibt dabei: „100% Erneuerbare Energien bis spätestens 2030!“

Die Ziel­set­zung des Run­den Tisches Erneu­er­ba­re Ener­gien (RT-EE) bleibt wei­ter­hin klar und kom­pro­miss­los: „100% Erneu­er­ba­re Ener­gien bis spä­tes­tens 2030!“.
Die­se For­de­rung an unse­re natio­na­len Ver­fas­sungs­or­ga­ne bleibt solan­ge ein Fun­da­ment am RT-EE, bis die am Tisch ver­sam­mel­te Exper­ti­se im Lich­te kli­ma­wis­sen­schaft­li­cher Erkennt­nis­se einen ambi­tio­nier­te­ren Leit­satz ein­ver­nehm­lich beschließt.

100% Erneuerbare Energien bis spätestens 2030!


In den letz­ten Jah­ren hat der RT-EE ver­mehrt auf die drin­gen­de Not­wen­dig­keit eines tief­grei­fen­den Para­dig­men­wech­sels in der Ener­gie­po­li­tik hin­ge­wie­sen. Die­ser umfasst nicht nur die tech­no­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on hin zu Erneu­er­ba­ren Ener­gien, son­dern auch die Schaf­fung ange­mes­se­ner recht­li­cher und poli­ti­scher Rah­men­be­din­gun­gen, die bis­her unzu­rei­chend sind, um die natio­na­len Kli­ma­zie­le zu erreichen.

Rechtswege als Hebel für Klimagerechtigkeit: Klimaklagen und ihre Wirkung

Die Bedeu­tung juris­ti­scher Schrit­te im Kli­ma­schutz, wie etwa Kli­ma­kla­gen gegen die Bun­des­re­gie­rung, ist unüber­seh­bar. Die­se recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen haben die poli­ti­sche Dis­kus­si­on ent­schei­dend geprägt, indem sie die Ver­pflich­tung zur Umset­zung des Pari­ser Kli­ma­schutz­ab­kom­mens beton­ten und von der Bun­des­re­gie­rung wirk­sa­me­re Maß­nah­men ein­for­der­ten.
Eine Schlüs­sel­rol­le spiel­ten dabei die gemein­sa­me Kla­ge des Solar­ener­gie-För­der­ver­ein Deutsch­land e. V. (SFV) mit dem Bund für Umwelt und Natur­schutz Deutsch­land (BUND), die bereits 2018 als Vor­rei­ter gegen die unzu­rei­chen­den Kli­ma­schutz­maß­nah­men der Bun­des­re­gie­rung vor­gin­gen. Alle vier Kli­ma­schutz­kla­gen mach­ten die Dis­kre­panz zwi­schen den natio­na­len Maß­nah­men und den inter­na­tio­na­len Ver­pflich­tun­gen unmiss­ver­ständ­lich deut­lich und lenk­ten die öffent­li­che Auf­merk­sam­keit auf die man­geln­de poli­ti­sche Ent­schlos­sen­heit, den Kli­ma­wan­del wirk­sam zu bekämpfen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Ein Meilenstein

Ein wei­te­rer Wen­de­punkt war die his­to­ri­sche Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG) im Jahr 2021. Das Gericht stell­te fest, dass die Kli­ma­po­li­tik der Bun­des­re­gie­rung in Tei­len ver­fas­sungs­wid­rig ist, da sie die Rech­te jun­ger und zukünf­ti­ger Gene­ra­tio­nen auf eine lebens­wer­te Umwelt ver­letzt. Es for­der­te eine gene­ra­tio­nen­ge­rech­te Ver­tei­lung des ver­blei­ben­den Treib­haus­gas­bud­gets und beton­te die ver­fas­sungs­recht­li­che Ver­pflich­tung, den glo­ba­len Tem­pe­ra­tur­an­stieg auf ein Mini­mum zu begren­zen.
Die­ses Urteil setz­te einen neu­en Stan­dard für die poli­ti­sche Ver­ant­wort­lich­keit und ver­schärf­te den Druck auf die Bun­des­re­gie­rung, ambi­tio­nier­te­re Kli­ma­schutz­maß­nah­men zu ergreifen.

EuGH-Urteil: Klimaschutz ist Menschenrecht

Das Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH), das Kli­ma­schutz als Men­schen­recht aner­kennt, unter­streicht die Dring­lich­keit und die recht­li­che Ver­pflich­tung, wirk­sa­me Maß­nah­men gegen den Kli­ma­wan­del zu ergrei­fen. Die­ses Urteil stärkt die Posi­ti­on der Bür­ger und Umwelt­or­ga­ni­sa­tio­nen, die für eine ambi­tio­nier­te Kli­ma­po­li­tik kämp­fen, und erhöht den Druck auf die Regie­run­gen, ihre Kli­ma­zie­le zu erfüllen.

Deutschland am Limit: Das aufgebrauchte Treibhausgasbudget

Die wis­sen­schaft­li­chen Ana­ly­sen des Sach­ver­stän­di­gen­rats für Umwelt­fra­gen ver­deut­li­chen, dass Deutsch­lands Treib­haus­gas­bud­get fast voll­stän­dig auf­ge­braucht ist. Dies bedeu­tet, dass künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen bereits jetzt durch das Han­deln der Gegen­wart stark belas­tet wer­den. Die Kos­ten des Kli­ma­wan­dels, ein­schließ­lich Schä­den durch Extrem­wet­ter­er­eig­nis­se, Gesund­heits­kri­sen und wirt­schaft­li­che Ver­lus­te, wach­sen expo­nen­ti­ell – und mit jeder Ver­zö­ge­rung stei­gen die finan­zi­el­len und gesell­schaft­li­chen Belas­tun­gen wei­ter an.

Die zentrale Rolle des RT-EE in der Energiewende

Ange­sichts die­ser dra­ma­ti­schen Ent­wick­lun­gen bleibt die For­de­rung des Run­den Tisches Erneu­er­ba­re Ener­gien nach einer 100%igen Ver­sor­gung mit Erneu­er­ba­ren Ener­gien bis spä­tes­tens 2030 aktu­el­ler denn je. Sie ist nicht nur eine tech­no­lo­gi­sche und wirt­schaft­li­che Her­aus­for­de­rung, son­dern vor allem eine recht­li­che, ethi­sche und gesell­schaft­li­che Not­wen­dig­keit, um die pla­ne­ta­ren Gren­zen ein­zu­hal­ten und die Lebens­grund­la­gen künf­ti­ger Gene­ra­tio­nen zu sichern.
Der Run­de Tisch betont, dass der Erfolg die­ser Mis­si­on von ent­schlos­se­nen Maß­nah­men abhängt: radi­ka­le Emis­si­ons­re­duk­tio­nen, mas­si­ver Aus­bau Erneu­er­ba­rer Ener­gien, Dekar­bo­ni­sie­rung des Ver­kehrs­sek­tors und Ener­gie­ef­fi­zi­enz­stei­ge­run­gen in allen Berei­chen. Gleich­zei­tig for­dert er die Schaf­fung recht­li­cher Rah­men­be­din­gun­gen, die den zügi­gen Über­gang zu einer koh­len­stoff­frei­en Ener­gie­wirt­schaft ermöglichen.

Ausblick: Handeln statt Verzögern!

Die bis­he­ri­gen Fort­schrit­te und Her­aus­for­de­run­gen unter­strei­chen die enor­me Ver­ant­wor­tung, die auf poli­ti­scher, gesell­schaft­li­cher und wirt­schaft­li­cher Ebe­ne liegt. Der Run­de Tisch Erneu­er­ba­re Ener­gien wird wei­ter­hin eine Platt­form für wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten Dia­log und kol­lek­ti­ves Han­deln bie­ten. Nur durch muti­ge Ent­schei­dun­gen und sofor­ti­ge Umset­zung kön­nen die Kos­ten des Nicht­han­delns mini­miert und die Grund­la­gen für eine nach­hal­ti­ge Zukunft geschaf­fen werden.

Ahrtal? Solahrtal! Der Projektvorschlag der SolAHRtal-Initiative

Aus dem Ahrtal soll auch ein Solar­tal wer­den. Wie das gehen kann, ist in die­sem Pro­jekt­vor­schlag der SolAHRtal-Initia­ti­ve beschrieben.
Wie ist der aktu­el­le Stand?

Massive Kritik an Ausweitung der Holzverbrennung in Berlin

In Ber­lin soll die Ver­bren­nung von Frisch- und Alt­holz zur Fern­wär­me­er­zeu­gung stark aus­ge­wei­tet wer­den, was bei den Umwelt- und Ver­brau­cher­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen NABU, Deut­sche Umwelt­hil­fe, Robin Wood, Bio­fuel­watch, BUND Ber­lin, BBK und Power­Shift auf mas­si­ve Kri­tik stößt.
Der RT EE schließt sich der Kri­tik an.

Solarenergie-Förderverein Deutschland: Die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung – eine Mogelpackung

Die Bundesregierung muss jetzt den KLIMANOTSTAND ausrufen

Letz­te Aktua­li­sie­rung: 24. Novem­ber 2023

Das jüngs­te Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts kann der Bun­des­re­gie­rung als Steil­vor­la­ge die­nen. Wird sie die­se nut­zen und jetzt den Kli­ma­not­stand aus­ru­fen?
Wir vom Run­den Tisch Erneu­er­ba­re Ener­gien for­dern genau das! Und wir ste­hen mit unse­rer For­de­rung nicht allein.

Die­se Koali­ti­on ist die ers­te, die Not­wen­di­ges für die Finan­zie­rung von Maß­nah­men des Kli­ma­schut­zes in den Haus­halt ein­stell­te. Die damit finan­zier­ten Maß­nah­men bewer­ten wir hier nicht, nur die Neu­aus­rich­tung beim Kli­ma­schutz nach 16 Jah­ren Merkel-Regierungen.

Jetzt müss­te die Koali­ti­on Mut zei­gen und Ver­stand auf­wei­sen, indem sie die viel­fach wis­sen­schaft­lich beleg­ten und ste­tig anstei­gen­den hohen Risi­ken des dro­hen­den Kli­ma­kol­laps als Basis her­an­zieht, um den KLIMANOTSTAND aus­zu­ru­fen. Wird die Bun­des­re­gie­rung das Urteil des BVerfG als Steil­vor­la­ge nutzen?

Klimanotstand ausrufen — was bringt das?

Mit dem Aus­ru­fen des KLIMANOTSTANDS darf die Bun­des­re­gie­rung ein (neu­es) Son­der­ver­mö­gen auf­le­gen. Die­ses Vor­ge­hen wäre nicht nur ethisch gerecht­fer­tigt, son­dern oben­drein noch wirt­schaft­lich und vernünftig.

Mit einem Durch­fors­ten des Bun­des-Haus­halts nach Sub­ven­tio­nen von, bezie­hungs­wei­se Zuschüs­sen für Maß­nah­men, die in enger Ver­bin­dung mit Ener­gie­um­wand­lungs­pro­zes­sen (phy­si­ka­li­sches Gesche­hen) durch Ver­bren­nen fos­si­ler Ener­gien ste­hen, kann ein neu­es Son­der­ver­mö­gen ganz oder teil­wei­se gegen­fi­nan­ziert wer­den. Dies gilt sicher in Kom­bi­na­ti­on mit einer zukunfts­ori­en­tier­ten Neu­aus­rich­tung des Steu­er­rechts. So müss­ten Steu­er redu­zie­ren­de Tat­be­stän­de, die in enger Ver­bin­dung ste­hen mit Ener­gie­um­wand­lungs­pro­zes­sen durch Ver­bren­nen fos­si­ler Ener­gien im Sin­ne der Kli­ma-Ent­schei­dung des BVerfG aus 2021 neu jus­tiert wer­den. Dar­über hin­aus kön­nen Län­der und Kom­mu­nen inter­es­san­te wir­kungs­vol­le Instru­men­te und Mög­lich­kei­ten nutzen. 

Deutschland hat eine völkerrechtliche Verpflichtung

Deutsch­land ist völ­ker­recht­lich ver­pflich­tet, sei­ne Anstren­gun­gen zur schnellst­mög­li­chen Redu­zie­rung kli­ma­schä­di­gen­der Treib­haus­gas­emis­sio­nen zu ver­stär­ken. Jedes Zehn­tel Grad weni­ger Erd­er­hit­zung hilft, wei­te­re natio­na­le und glo­ba­le Kata­stro­phen zu verhindern.

Wir erwar­ten dafür einen auf­ein­an­der abge­stimm­ten Mas­ter­plan zur schnellst­mög­li­chen Redu­zie­rung Kli­ma schä­di­gen­der Treib­haus­gas­emis­sio­nen durch die rele­van­ten Orga­ne (Bund, Län­der, Kom­mu­nen). Die­ser Plan soll­te mess­ba­re Zie­le und ziel­ori­en­tier­te Wege auf­zei­gen sowie wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Meß­me­tho­den, kla­re Zustän­dig­kei­ten und jähr­li­che Inter­val­le der Eva­lu­ie­rung vor­se­hen. Ein sol­cher Plan ist den gewähl­ten Mandatsträger*innen zwecks Beschluss­fas­sung vor­zu­le­gen.
Das jüngs­te Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 15. Novem­ber 2023 (2 BvF 1/22) ruft gera­de­zu nach einem neu­ar­ti­gen ganz­heit­li­chen und gemein­sa­men Den­ken sowie einem ver­fas­sungs­kon­for­men Handeln.

Wir stehen nicht allein mit unserer Forderung

Den Kli­ma­not­stand aus­zu­ru­fen for­dern übri­gens nicht nur wir: es ist auch eine For­de­rung der bekann­ten Öko­no­min Clau­dia Kem­fert vom Deut­schen Insti­tut für Wirt­schafts­for­schung (DIW) Ber­lin.

Interview mit Stefan Rahmsdorf: die politische Einsicht fehlt

Der RTEE macht auf das Inter­view des Deutsch­land­funks mit Kli­ma­for­scher und Ozea­no­graph am Pots­dam Insti­tut für Kli­ma­fol­gen­for­schung Ste­fan Rahmstorf am 30. Juli 2023 auf­merk­sam.
Sei­ne erschüt­tern­de zen­tra­le Aus­sa­ge: phy­si­ka­lisch liegt die Begren­zung der Kli­ma­er­wär­mung auf 1,5 Grad noch im Bereich des Mög­li­chen, poli­tisch fehlt jedoch die Ein­sicht, die hier­für nöti­gen Maß­nah­men vorzunehmen.

Auch in Bezug auf die deut­sche Regie­rung stellt Rahmstorf fest, dass sie den Kli­ma­schutz nicht als Prio­ri­tät behan­delt. So setzt sie bei ihren ener­gie­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen nicht schnellst­mög­lich wirk­sa­me Maß­nah­men zur Redu­zie­rung von Treib­haus­gas­emis­sio­nen gegen den dro­hen­den Kli­ma­kol­laps zuvor­derst um.

Die Sichtweise des RT EE

Wir kön­nen nicht nach­voll­zie­hen, dass Minis­ter und Abge­ord­ne­te, die einen Eid auf die Beach­tung und Ein­hal­tung des Grund­ge­set­zes geschwo­ren haben, bei ihren Vor­schlä­gen und Ent­schei­dun­gen ande­re Maß­stä­be anset­zen. So stel­len unse­re natio­na­len Gesetz­ge­bungs­or­ga­ne den Aus­bau von LNG-Ter­mi­nals in Win­des­ei­le auf Vor­fahrt. Wir sind skep­tisch und über­prü­fen auch die von der Bun­des­re­gie­rung prio­ri­sier­te Rol­le von CCS als prio­ri­tä­re Maß­nah­me der zwin­gend gebo­te­nen Rück­ho­lung von Koh­len­stoff aus der Atmosphäre.

Wir wis­sen, dass die Ampel­re­gie­rung die ver­hee­rend wir­ken­den ener­gie­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen der FDP wider bes­se­res Wis­sen beach­tet. Letzt­lich brin­gen kli­ma­schä­di­gen­de und risi­ko­rei­che ener­gie­po­li­ti­sche Kom­pro­mis­se die Ethik ins Spiel, auf die Her­mann Scheer immer wie­der hin­ge­wie­sen hat. Sie kann schmerz­haft sein, ist aber unab­ding­bar für das Gelin­gen der Ener­gie­wen­de – und damit über­le­bens­not­wen­dig für die Menschheit.

Die Presseinformation des Deutschlandfunks zum Interview 

Lesen Sie die nach­ste­hen­de Press­in­for­ma­ti­on des Deutsch­land­funks. Dar­un­ter fin­den Sie den Link zum Nach­hö­ren des voll­stän­di­gen Interviews.

Ste­fan Rahmstorf, Kli­ma­for­scher und Ozea­no­graph am Pots­dam Insti­tut für Klimafolgenforschung

Das 1,5 Grad Ziel ist poli­tisch kaum mehr erreich­bar, phy­si­ka­lisch aber schon

Poli­tisch sei das Ziel prak­tisch nicht mehr zu hal­ten ange­sichts der Welt­la­ge, so Kli­ma­for­scher Ste­fan Rahmstorf im Inter­view der Woche des Deutsch­land­funks. Er reagier­te damit auf Äuße­run­gen des neu­en Chefs des Welt­kli­ma­ra­tes, Jim Skea, der in die­ser Woche erklärt hat­te, das 1,5‑Grad-Ziel sei nicht mehr zu erreichen.

Rahmstorf erklär­te:

Phy­si­ka­lisch kann man es noch errei­chen, aber dazu müss­te man es eben anpa­cken, wie, wenn man in einer Kriegs­si­tua­ti­on ist und das ein­fach die Top-Prio­ri­tät hat, die 1,5 Grad zu hal­ten. Rea­lis­tisch ist es natür­lich so, dass die aller­meis­ten Regie­run­gen das eben lei­der nicht als Top-Prio­ri­tät behan­deln. So wer­den wir es auf kei­nen Fall schaf­fen.“

Ver­ant­wort­lich dafür macht er auch man­geln­de poli­ti­sche Ambi­tio­nen. Es feh­le nicht an Lösun­gen, son­dern am Wil­len. Vie­len Poli­ti­kern sei die Dring­lich­keit der Lage noch immer nicht klar, sie infor­mier­ten sich nicht aus­rei­chend. Nach Ver­säum­nis­sen in vor­an­ge­gan­ge­nen Regie­run­gen behand­le nun auch Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz das The­ma nicht mit Priorität.

„An jedem Tag ist das Wet­ter heu­te schon anders als es eben ohne Kli­ma­kri­se wäre“

Mit Blick auf die aktu­el­len Rekord­tem­pe­ra­tu­ren im Mit­tel­meer­raum – an Land wie im Meer­was­ser, sowie Extrem­wet­ter­er­eig­nis­se der letz­ten Wochen sieht Rahmstorf einen kla­ren Bezug zur Erd­er­hit­zung. Eine Unter­su­chung der ETH Zürich habe bereits im letz­ten Jahr erge­ben, dass schon jetzt an jedem Tag das Wet­ter anders sei, als dies ohne Kli­ma­kri­se der Fall wäre. Wäh­rend die glo­ba­le Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur um etwa 1,2 Grad gestie­gen ist, sei die­se Erwär­mung über dem euro­päi­schen Fest­land teil­wei­se dop­pelt so stark ange­stie­gen. Dies füh­re nun – wie von der Kli­ma­for­schung pro­gnos­ti­ziert – zu einer Zunah­me von extre­men Wet­ter­ereig­nis­sen. Auch die Brän­de im Mit­tel­meer­raum sieht Rahmstorf in einem Zusam­men­hang mit der Kli­ma­kri­se. Die Brand­ur­sa­che sei zwar in der Regel durch Men­schen ver­an­lasst, Tro­cken­heit und Hit­ze sorg­ten aber dafür, dass die Brän­de ein sol­ches Aus­maß errei­chen würden.

Das Inter­view führ­te Ann-Kath­rin Büüs­ker, Kor­re­spon­den­tin im DLF-Hauptstadtstudio.

Interview zum Nachhören

Das Inter­view kann hier nach­ge­hört wer­den.

Bild­nach­weis: Ste­fan Rahmstorf beim EPP Zagreb Con­gress in Kroa­ti­en, 20–21 Novem­ber 2019 (CC BY 2.0)